1908 bis 2008 - 100 Jahre TC Ottweiler

Jugendliche Sportbegeisterung und großzügige Initiative im Hause der Kaufmannsfamilie Kausch führten 1908 in Ottweiler zum Bau des ersten Tennisplatzes.

Der entscheidende Impuls ging dabei von Klara Kausch, der ältesten Tochter der Familie, aus. Während des Besuches der höheren Mädchenschule in Saarbrücken war sie gern zur Tennisanlage im Ludwigspark spaziert und hatte auch selbst dort zum ersten Male Bälle geschlagen. Nach Abschluss ihrer schulischen Ausbildung kam sie für ein Jahr in eine Familienpension nach Neuchatel in die Schweiz. Hier lernte sie mit Albert Delachaux ihren künftigen Mann and einen der besten Tennisspieler der französischen Schweiz kennen. Er war in Neuchatel mehrfacher Clubmeister, wie die Gravierungen der Silberpokale belegen. Klara Kausch spielte dann selbst mit großem Eifer Tennis, sowohl auf der Anlage des dortigen Clubs als auch auf dem Privatplatz der Familie Delachaux.

Helene Kausch

Auf ihre Schweizer Zeit folgte 1907 ein Pensionsaufenthalt in England, wobei sie die Gelegenheit wahrnahm, die Wettkämpfe in Wimbledon zu verfolgen. Zeitungsausschnitte über diese Meisterschaften und Autogramme der erfolgreichen Stars wurden als wertvolle Erinnerung aufbewahrt.

Die Kette der persönlichen Daten aus dem Leben der ältesten Kausch-Tochter ermöglichten es, die Errichtung des ersten Tennisplatzes in Ottweiler zu datieren; auch die Geschwister Helene and Dr. Carl Kausch bestätigten das Jahr nach dem Englandaufenthalt ihrer Schwester als das Baujahr des Platzes.

Klara Kausch selbst wies die Initiative zum Bau des Platzes ganz ihrem Vater zu. Nach ihrer Erinnerung hat Karl Kausch auf ihr begeistertes Erzählen mit den Worten reagiert: "Wir könnten doch auch in Ottweiler einen Platz bauen, dann könntest du weiterspielen." Nach der Einschätzung ihrer Schwester Helene durfte jedoch eine gewisse Beeinflussung des Vaters durch Klara wenigstens nicht auszuschließen sein.

Wie dem auch sei, Karl Kausch fasste den kühnen Entschluss, seine Goldmark in ein Luxusobjekt zu investieren, was in der Familie nicht nur Jubel auslöste, sondern auch zu kritischen Überlegungen Anlass gab.

Bei der Vorbereitung und Durchführung des Platzbaues nutzte Karl Kausch seine Verbindung zu dem Besitzer des Saarbrücker Sportartikelgeschäftes Kohlen. Kohlen vermittelte einen Frankfurter Spezialisten, unter dessen Anleitung vor allem Ottweiler Bergleute in ihrer Freizeit gegen Bezahlung den Platz bauten. Die teuere Umzäunung wurde von dem Ottweiler Schlosser Kunz erstellt. Trotz aller Eigeninitiative kostete der Platz etwa 1100 Goldmark. Karl Kausch lies es sich bei der Platzeinweihung nicht nehmen, den ersten Ball selbst über das Netz zu spielen.

Zu dem Platz gehörten keinerlei Nebenanlagen. Bei Lindners - im Hause Fuhr/Müller im Reiherswaldweg - zog man sich in einem den Tennisspieler und -spielerinnen zur Verfügung stehenden Raum um. Zum Waschen standen Schüssel and Krug bereit, für andere dringliche Zwecke gab es ein Häuschen im Garten. An Sonntagen, vor allem wenn Gäste da waren, kochte Frau Lindner zu dem mitgebrachten Kuchen den Kaffee. In den Anfängen gab es auf dem Platz nicht einmal einen Tisch, lediglich zwei Bänke. Gezählt wurde von einer Geschäftsleiter des Kaufhauses Kausch herab. Zur Abpolsterung der oberen Sprossen diente ein Kissen.

Tennisspielen galt im Urteil der meisten Ottweiler Bürger als Müßiggang. Diese kritische Auffassung blieb nicht ohne Auswirkung bei den Anhängern des Weißen Sportes. So weiß man zu berichten, dass man es vermied, sich mit weißer Hose in der Stadt zu zeigen, und sie statt dessen zusammengerollt unter dem Arm trug. Die Aversion der Ottweiler machte sich auch Luft in der Titulierung "die Miggemacher".

Neben den Familienangehörigen der Familie Kausch spielten von Anfang an auch Mitglieder des Casinos Ottweiler Tennis. Dr. Carl Kausch kennzeichnet das Casino als "einen gut bürgerlichen Verein". Das Casino hatte im Pavillion zwei Räume gemietet, in denen sich die Mitglieder trafen. Die Getränkekarte in Leder weist unmissverständlich darauf hin, dass das Casino der Ort "der feinen Leute" war, die sich auch mal eine Flasche Moet et Chandon leisten konnten. Neue Mitglieder fanden erst Aufnahme, nachdem sie sich den alteingesessenen durch Hausbesuche in Frack und Zylinder bekannt gemacht hatten.

Aus diesem Kreis kamen also die weiteren Tennisenthusiasten. Karl Kausch hatte im Casino eine Liste ausgelegt, in die sich die Interessenten eintrugen. Der erste Jahresbeitrag betrug 20 Goldmark and war an den Eigentümer als Kostenbeitrag zu entrichten.

Mitglieder des Casinoclubs Ottweiler im Jahre 1928 1930 im August Helene Kausch, Dr. Harland

Das Interesse der Familie Kausch an einem Privatplatz reduzierte sich nach and nach. Bereits 1913 verließ Klara Kausch nach ihrer Heirat mit Albert Delachaux Ottweiler. Als auch die Eltern in der zweiten Hälfte der 20er Jahre nach Darmstadt übersiedelten, kam der Gedanke auf, den Platz abzugeben. Am 18.9.1929 verkaufte Dr. Carl Kausch als Bevollmächtigter seines Vaters Karl Kausch die Parzelle Flur 27311/84 an das Casino Ottweiler, für das Amtsgerichtsrat Carl Urban als Vorsitzender die Verhandlungen geführt hatte. Im Vertrag wurde vermerkt: "Die verkaufte Parzelle stellte einen Tennisplatz dar. Der Wert des Grund and Bodens wird auf 1000 Reichsmark angegeben, der Wert der Einrichtungen die mit dem Tennisspiel zusammenhängen, auf ebenfalls 1000 Reichsmark". Die politischen Veränderungen des Jahres 1933 in Deutschland brachten nach 1935, nach der Rückgliederung auch im Saargebiet die entsprechenden Konsequenzen. Das Vereinswesen wurde im Rahmen des inneren and äußeren Gleichschaltungsprozesses einer Neuordnung unterworfen. Das Casino Ottweiler ais Honoratiorenverein widersprach dem Grundsatz der Volksgemeinschaft. An seine Stelle trat mit Satzung vom 25.11.1935 die Tennissport-Gemeinschaft Blau-Weiß. Der Verein sollte der gesamten Öffentlichkeit zur Verfugung stehen.

Der im Dritten Reich üblichen Terminologie folgend, nannte sich der Vorsitzende jetzt Vereinsführer. An die Spitze des Sportvereins traten die ehemaligen Casinomitglieder Landrat Dr. Max Rech and Dr. med. Ernst Harland.

Der neue Verein entwickelte sofort Pläne zum Bau eines zweiten Platzes. Die dringende Notwendigkeit ergab sich aus folgender Situation: Seit etwa 1925 hatte es in Ottweiler zwei weitere Tennisplätze gegeben - unweit des heutigen Standortes der Fa. Fink -, die von den rheinischen Chamotte- und Dinas-Werken auf Betriebsgelände errichtet waren. In Zusammenhang mit der Schließung dieses Werkes und dem Beginn des Baues der Ostertalbahn sowie der heutigen B 420 mussten diese Plätze in Wegfall kommen.

Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung der Tennissportgemeinschaft Blau-Weiß am 25. November 1935, in der der Ankauf des Geländes für einen zweiten Platz gutgeheißen wurde, waren überwiegend Personen anwesend, die bisher an der Chamotte gespielt hatten. Es scheint offensichtlich, dass im Hinblick auf eine Erweiterung der Anlage am Reiherswaldweg das Interesse dieses Personenkreises besonders groß war.

Sie spielten an der Chamotte 1931

Am 31.3.1936 kaufte die Tennissportgemeinschaft Blau-Weiß von der Familie Kausch zum Preise von 500 Reichsmark zwei Parzellen (Flur 27, Nr. 309/81 and 310/84) neben dem bisherigen Casinoplatz. Noch im Laufe des Jahres 1936 wurde der neue Platz fertiggestellt.

Die Gründung der Tennissportgemeinschaft Blau-Weiß als Nachfolgeverein des Casinos hat zweifellos die Integration der Spieler von der Chamotte erleichtert. Denn obwohl eine gewisse Durchlässigkeit zwischen Casino and Chamotte bestand - so spielten Kinder beispielsweise von Casinomitgliedern an der Chamotte - galt das Casino gesellschaftlich als der vornehme Verein. An der Chamotte hatten vorwiegend Betriebsangehörige der Verwaltung vom Direktor bis zur Sekretärin gespielt, aber auch Ottweiler Bürger.

So brachten äußere Umstände die Konzentration des Tennissports auf einen Verein mit sich. Durch den Beginn des zweiten Weltkrieges 1939 fand die sportliche Betätigung abrupt ein Ende. Wahrend des Krieges wurde nicht gespielt.

1945 befanden sich die Tennisplätze in einem verwilderten Zustand. Zunächst dachte niemand an ihre Herrichtung. Existenzprobleme standen im Vordergrund.

So war es, nachdem die Saar Teil der französischen Besatzungszone geworden war, der französische Stadtkommandant, der den ehemaligen Casinoplatz für sich instandsetzen ließ. Jedoch bereits 1945 konnte die Anlage wieder von Mitgliedern des Ottweiler Tennisvereins übernommen werden. Die treibende Kraft in den Anfängen war Gunter Urban. Zunächst spielte man nur auf einem Platz. Gegen Ende der 40er Jahre wurde dann das zweite Tennisfeld hergerichtet.

Ende der 40er Jahre bei der Herrichtung von Platz 2 Kein Kartoffelacker, ein Tennisplatz

Auch diesmal war mit Friedrich Müller ein Mitglied der Familie Fuhr/Müller aktiv beteiligt. Er löste seinen Schwiegervater Adolf Fuhr, der von 1926-1948 die Tennisanlage versorgt hatte, ab, um selbst wiederum 20 Jahre lang als Platzwart zu "herrschen". So blieb die Verbindung der Familie Lindner/Fuhr/Müller mit den jeweiligen Vereinen über drei Generationen hinweg erhalten.

Nach dem zweiten Weltkrieg bildeten die Tennisspieler zunächst eine Sparte im Omni-Sportverein SC Ottweiler. Durch die Kontrollratsdirektive Nr. 23 betr. Beschränkung and Entmilitarisierung des Sportwesens vom 12.12.1945 waren sämtliche Vereine aufgelöst und nur ein Gesamtverein zugelassen worden, dem alle Sportarten eingefügt werden mussten. Nach Aufhebung des Kontrollratsbeschlusses entschied die Generalversammlung der Sparte Tennis am 12.12.1950 die Eintragung ins Vereinsregister als selbständiger Verein zu betreiben. Am gleichen Tag übernahm Kurt Lindner das Amt des ersten Vorsitzenden, seine Stellvertreterin wurde Frau Tilde Vial. Am 30.12.1950 erfolgte die Zulassung der "Tennisabteilung Blau-Weiß" als eigenständiger Verein durch die Regierung des Saarlandes. Nach dem Rücktritt Kurt Lindners führte Frau Vial die Geschicke der Tennisabteilung von 1951 bis zu ihrem Wohnortwechsel 1956.

Ihr Nachfolger wurde am 22. Oktober 1956 Dr. Heinrich Ost. Sein erklärtes Ziel war es, der sportlichen Entwicklung neue Impulse zu geben. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die Besitzverhältnisse hinsichtlich der Tennisplätze zugunsten der Tennisabteilung Blau-Weiß rechtlich geklärt wurden. Dr. Ost blieb Vorsitzender bis zum 15. Dezember 1964. Nach achtjährigem Einsatz für die Belange des Vereins verzichtete er auf eine Wiederwahl, und Dr. Paul Reuter trat an seine Stelle. In seine Amtszeit fallt der Bau eines dritten Platzes, der auf landeseigenem Gelände erstellt wurde and 1967 eingeweiht werden konnte. Im gleichen Jahr stellte Dr. Reuter sein Amt zur Verfügung. Als sein Nachfolger wurde am 27. November 1967 Gerhard Burmester gewählt. An diesem Tag verabschiedete die Mitgliederversammlung eine neue Satzung, nach der sich der Verein künftig "Tennis-Club Blau-Weiß Ottweiler" nennt.

Am 2. April 1969, nach dem Rücktritt Gerhard Burmesters, übernahm Fritz Blechschmidt für drei Jahre die Vereinsführung.

Adelbert Halm übernahm am 6. April 1972 die Leitung des Vereins in einer Zeit, als sich abzeichnete, dass grundsätzliche Entscheidungen für die Zukunft zu treffen waren.

(Chronik von Manfred Fink aus der Festschrift zur 70-Jahr-Feier, 1978)

Der schlechte Zustand der 70 Jahre alten 3-Platz Tennisanlage am Reiherswaldweg sowie das Anfang der 70er Jahre beginnende zunehmende Interesse am Tennissport führte dazu, dass sich der Ottweiler Tennisclub Blau-Weiß mit dem Neubau einer ansprechenden Anlage beschäftigte. Verschiedene Standorte für dieses Projekt wurden in den Mitgliederversammlungen kontrovers diskutiert. In der Versammlung vom 2. Februar 1977 entschied man sich für den heutigen Standort "Am Ziegelberg". Planung und Bauleitung erfolgte durch Vereinsmitglieder, wobei hier das besondere Engagement von Adelbert Halm und Manfred Martin zu nennen ist.

17 Monate später erfolgte am 9. Juni 1978 unter der Schirmherrschaft des damaligen Ministers für Kultus, Bildung und Sport, Herrn Josef Jochem, die Einweihung einer repräsentativen Anlage, zu der 7 Plätze zählen. Zu dem Gesamtprojekt gehören auch das Clubhaus mit seinen großzügigen Sanitäreinrichtungen und die öffentliche Gaststätte "Bistro Blau-Weiß", welche wegen ihrer angenehmen Atmosphäre und gepflegten Küche immer mehr zu einem Treffpunkt auch für Nicht-Tennisspieler wurde. Eine 2-Platz Tennishalle eines privaten Betreibers vervollständigte diese Ottweiler Sportanlage, die heute unbestreitbar eine der schönsten im Saarland ist. Für einen tadellosen Zustand der Plätze und eine gepflegte Außenanlage sorgten der Platzwart und eine Reihe aktiver Mitglieder.

Vor einigen Jahren wurde die Sportanlage um einen Boule-Platz erweitert, der in Eigenarbeit von Vereinsmitgliedern gebaut wurde. Dieser Platz kann von jedem Ottweiler Bürger kostenlos zum Boulespielen benutzt werden.

Entsprechend dem allgemeinen Abwärtstrend zwang der starke Mitgliederschwund den Verein aus finanziellen Gründen das Clubhaus im Jahre 1998 an eine Investorengruppe aus dem Verein zu übertragen.

Unter der Präsidentschaft von Astrid Halm, der Organisationsleitung von Peter Muzik und dem besonderen Engagement von Udo Clotofski gelang es dann, die Finanzen neu zu ordnen und besonders im Kinder- und Schülerbereich viele neue Mitglieder zu gewinnen. Im Rahmen zahlreicher Initiativen wurde im Jahre 2005 der Platz 7 mit Fördermitteln des saarländischen Tennisbundes und der Stadt Ottweiler als Multifunktionsplatz (Tennis, Fußball, Volleyball, Basketball,...) hergerichtet und eine Holzbühne für diverse Veranstaltungen fertig gestellt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, Jugendlichen eine breite Möglichkeit zur sportlichen Betätigung zu bieten. In diese Zeit fiel auch der Rückkauf des Clubhauses durch den Verein. Diese erfolgreiche Vorstandsarbeit wurde dadurch honoriert, dass der TC Blau-Weiss Ottweiler in der Saison 2006/07 beim Wettbewerb „Verein des Jahres“ des STB den zweiten Platz erreichte und beim Wettbewerb „Anreizförderung“ des STB in 2006/07 und 2007/08 verbunden mit Sach- und Geldpreisen zweimal 1. Sieger wurde.

Wünschen wir dem Verein TC Blau-Weiss Ottweiler nach seiner 100 Jahr-Feier, dass weiterhin ausreichend viele aktive Mitglieder die Vereinstradition in sportlichem und kulturellem Geiste weiterführen!